Als meine Tochter in die vierte Klasse kam, stand plötzlich ein Thema im Raum, das mir selbst aus meiner Schulzeit nur noch vage in Erinnerung war: der Fahrradführerschein. Klar freute ich mich für sie – endlich mehr Selbstständigkeit! Aber ehrlich gesagt hatte ich auch ein mulmiges Gefühl. Ist sie wirklich schon bereit, allein im Straßenverkehr unterwegs zu sein?
Falls es euch ähnlich geht, habe ich hier mal alles zusammengetragen, was ich in den letzten Monaten dazu gelernt habe.
Was genau ist dieser Fahrradführerschein überhaupt?
Also, erstmal zur Beruhigung: Es ist kein "echter" Führerschein, den man sein Leben lang braucht. Die Fahrradprüfung findet meistens in der dritten oder vierten Klasse statt und ist eher eine praktische Verkehrserziehung. Die Kinder lernen dabei die wichtigsten Verkehrsregeln kennen und üben, wie man sich sicher im Straßenverkehr verhält.
Bei uns lief das so ab, dass die Verkehrspolizei mehrmals in die Schule kam und mit den Kindern geübt hat. Erst die Theorie im Klassenzimmer, später dann auch draußen auf echten Straßen.
Warum macht man das eigentlich?
Gute Frage, oder? Ich meine, wir sind doch auch irgendwie ohne diese Prüfung groß geworden. Aber der Straßenverkehr ist heute deutlich dichter als früher. Und wenn ich ehrlich bin: Die strukturierte Vorbereitung gibt den Kindern einfach mehr Sicherheit.
Meine Tochter hat durch die Prüfung gelernt, worauf sie wirklich achten muss – nicht nur theoretisch, sondern ganz praktisch. Sie weiß jetzt, wann sie Vorfahrt hat, wie man richtig abbiegt und dass dieser Schulterblick wirklich wichtig ist (auch wenn sie den anfangs total lästig fand).
Das Beste daran: Sie traut sich jetzt viel mehr zu und fährt deutlich selbstbewusster. Gleichzeitig ist sie vorsichtiger geworden, weil sie versteht, wo Gefahren lauern können.
Wie läuft die Prüfung ab?
Die Prüfung hat zwei Teile, und beide müssen bestanden werden:
Der Theorieteil
Hier werden Fragen zu Verkehrsregeln gestellt – meist als schriftlicher Test. Die Kinder lernen vorher im Unterricht, welche Verkehrsschilder was bedeuten, wie die Sache mit rechts vor links funktioniert und so weiter. Bei uns gab es auch ein kleines Heft mit Übungsfragen, das wir zu Hause durchgehen konnten.
Meine Tochter fand den Theorieteil eigentlich ganz easy. Die meisten Kinder bestehen das problemlos, wenn sie sich ein bisschen vorbereitet haben.
Der praktische Teil
Das ist dann der spannende Moment: Die Kinder fahren einen festgelegten Parcours durch echte Straßen in der Umgebung der Schule. Polizisten stehen an verschiedenen Punkten und beobachten, ob alles richtig gemacht wird.
Geprüft wird zum Beispiel:
- Ob man vor dem Losfahren umschaut
- Handzeichen beim Abbiegen (und ob man dabei den Schulterblick nicht vergisst)
- Wie man an parkenden Autos vorbeifährt
- Verhalten an Kreuzungen
- Und natürlich, ob man sich generell an die Verkehrsregeln hält
Ich war am Prüfungstag ehrlich gesagt ziemlich nervös – wahrscheinlich nervöser als meine Tochter selbst! Aber die meisten Kinder bestehen die Prüfung beim ersten Versuch.
Wie ihr euer Kind unterstützen könnt
Die Schule bereitet die Kinder zwar vor, aber ein bisschen Übung zu Hause schadet definitiv nicht:
Gemeinsam Rad fahren: Wir sind vor der Prüfung öfter zusammen durch die Nachbarschaft geradelt. Dabei habe ich sie immer wieder gefragt: "Was machst du jetzt hier?" oder "Welches Schild war das gerade?" Das hat ihr geholfen, aufmerksamer zu werden.
Den Schulterblick üben: Das war ehrlich gesagt das Schwierigste. Beim Abbiegen gleichzeitig zu gucken, das Handzeichen zu geben UND dabei geradeaus zu fahren – das braucht einfach Übung. Wir haben das auch auf einem leeren Parkplatz geübt, wo kein Verkehr war.
Das Fahrrad checken: Klingt banal, aber ein paar Tage vor der Prüfung solltet ihr wirklich nochmal alles durchgehen. Bremsen funktionieren? Licht geht? Klingel klingelt? Nichts ist peinlicher, als wenn das Kind bei der Prüfung abgelehnt wird, weil das Fahrrad nicht verkehrssicher ist.
Locker bleiben: Mein wichtigster Tipp: Macht euch nicht zu viel Stress. Klar, die Prüfung ist wichtig, aber sie ist nicht die Abiturprüfung. Die meisten Kinder schaffen das gut, und falls doch mal was schiefgeht, kann man sie wiederholen.
Die Sache mit der Fahrradgröße
Ein Punkt, den ich anfangs total unterschätzt habe: Das Fahrrad muss wirklich passen! Meine Tochter hatte noch das Rad von ihrer großen Cousine – "sie wächst ja noch rein", dachte ich. Schlechte Idee.
Sie kam mit den Füßen kaum auf den Boden und hatte Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu halten, besonders beim Anhalten. Nach zwei frustrierenden Übungsrunden haben wir ihr dann doch ein kleineres Rad besorgt, und plötzlich lief alles viel besser.
Worauf ihr achten solltet:
- Euer Kind sollte mit beiden Fußballen den Boden erreichen, wenn es auf dem Sattel sitzt
- Der Lenker sollte bequem erreichbar sein, ohne dass sich das Kind strecken muss
- Lieber eine Nummer kleiner als zu groß – auf einem zu großen Rad fühlt sich kein Kind sicher
Als Orientierung für die Radgröße (in Zoll):
- Ca. 95-110 cm Körpergröße → 12-14 Zoll
- Ca. 105-120 cm → 16 Zoll
- Ca. 120-135 cm → 20 Zoll
- Ca. 135-160 cm → 24 Zoll
Checkliste: Ist das Fahrrad verkehrssicher?
Vor der Prüfung solltet ihr folgendes überprüfen:
✓ Vorder- und Rückbremse funktionieren einwandfrei
✓ Licht vorne (weiß) und hinten (rot) geht
✓ Reflektoren sind dran (vorne weiß, hinten rot)
✓ Gelbe Speichenreflektoren oder Reflexstreifen an den Reifen
✓ Die Klingel funktioniert
✓ Pedale haben Reflektoren und sind rutschfest
Tipp: Macht das gemeinsam mit eurem Kind. So lernt es, selbst auf diese Dinge zu achten.
Nach der Prüfung ist vor dem ersten Solo-Ausflug
Als meine Tochter ihren Fahrradführerschein in der Hand hielt, war sie natürlich total stolz – und wollte am liebsten sofort alleine zur Freundin fahren. Ich hab ihr dann erklärt, dass der Führerschein zwar super ist, aber wir trotzdem noch ein bisschen zusammen üben.
Wir sind die Strecke zur Freundin erstmal gemeinsam gefahren, dann bin ich hinterhergeradelt, und erst nach ein paar Wochen durfte sie die Strecke alleine fahren. Das mag übervorsichtig klingen, aber mir war einfach wohler dabei.
Ein paar Tipps für die Zeit nach der Prüfung:
Fangt mit kurzen, übersichtlichen Strecken an: Der Schulweg oder zur besten Freundin um die Ecke sind ein guter Start. Hauptstraßen würde ich erstmal noch meiden.
Bleibt im Gespräch: Fragt euer Kind, wie es war. Gab es brenzlige Situationen? Was war schwierig? So bekommt ihr ein Gefühl dafür, wie sicher euer Kind unterwegs ist.
Helm ist Pflicht – auch wenn es keine Helmpflicht gibt: Ja, ich weiß, das klingt widersprüchlich. Aber egal was das Gesetz sagt: Bei uns gilt die Familienregel – ohne Helm kein Radfahren. Punkt.
Gemeinsame Radtouren: Wir nutzen Wochenenden gerne für Familienausflüge mit dem Rad. So können wir weiter verschiedene Situationen üben, und es macht auch noch Spaß.
Welches Fahrrad kaufen?
Wenn ihr ein neues Kinderfahrrad kauft, achtet auf Qualität und Sicherheit. Billige Baumarkt-Räder sehen vielleicht gut aus, aber oft hapert es an der Verarbeitung oder den Bremsen.
Wir haben uns damals bei verschiedenen Marken umgeschaut und sind bei einem Modell gelandet, das speziell für Kinder konzipiert ist – stabile Bauweise, gute Bremsen, vollständige Verkehrsausstattung. Marken wie Keskin oder Berlin Bike sind da ganz solide. Das Rad muss ja nicht nur für die Prüfung halten, sondern auch danach noch eine Weile durchhalten.
Mein Fazit
Der Fahrradführerschein war für uns als Familie eine gute Erfahrung. Klar, ich war aufgeregt (wahrscheinlich mehr als meine Tochter), und ja, es bedeutet auch ein bisschen Übungsaufwand. Aber am Ende hat es sich gelohnt.
Meine Tochter ist jetzt deutlich selbstständiger unterwegs, und ich habe ein besseres Gefühl, weil ich weiß, dass sie vorbereitet ist. Sie kennt die Regeln, sie kann ihr Rad kontrollieren, und sie hat gelernt, im Verkehr aufmerksam zu sein.
Es ist schon ein besonderer Moment, wenn man sein Kind das erste Mal alleine losfahren sieht – ein Mix aus Stolz, Freude und einem kleinen Anflug von Wehmut, weil sie wieder ein Stück größer geworden ist.
In diesem Sinne: Viel Erfolg bei der Fahrradprüfung! Ihr schafft das.
Habt ihr Fragen oder Tipps zum Fahrradführerschein? Oder sucht ihr noch nach einem passenden Kinderfahrrad? Schreibt mir gerne – ich helfe euch weiter!